Nur Kultur?
Die Blumenthaler Lokalpolitik ist in diesem Jahr nur mit Mühe aus den Startlöchern gekommen. Obwohl gleich für den 4. Januar eine Sondersitzung anberaumt war, ging es dann eher im Schneckentempo weiter, denn nach inzwischen zwei Beiratssitzungen konnte Herr Balz in den Nachfolgeausschüssen, für deren Vorgängerinstitutionen er ursprünglich gewählt worden war, nur zum Teil durch neu gewählte Mitglieder ersetzt werden. War das bereits eine langwierige und umstrittene juristische und politische Prozedur, hängt jetzt das Damoklesschwert von Rechtsverstößen über der weiteren Beiratsarbeit, die damit möglicherweise später für rechtswidrig erklärt werden kann.
Ein Brief des Vorsitzenden des Fördervereins Kämmereimuseum, dessen Auslöser anscheinend außerhalb der Blumenthaler Politarena zu suchen ist, riss dann als kräftiger Startschuss das Ortsamt und den Beirat aus ihrer Weihnachts- und Neujahrspause. Schließlich war seine deutliche Forderung ohne alle Umschweife direkt auf die Politiker gezielt:„Ich möchte von der hiesigen Ortspolitik lediglich wissen, ob sie hinter uns steht und inwieweit man bereit ist, uns zu unterstützen!“ (BLV vom 13.1.2016, S.18)
Dieser Brief an das Ortsamt und den Beirat war eine Reaktion auf die "Schockstarre", wie Herr Gorn seine auslösenden Empfindungen beschrieben und worunter Psychologen eine besondere Form von Panik verstehen, nachdem er und sein Förderverein zum Jahreswechsel mit zwei bitteren Nachrichten konfrontiert wurden, die sogar die Tatkraft von Menschen lähmen können, die in den letzten Jahren vielen für ihren Stadtteil getan haben. So wurde eine Sammlung von Exponaten aufgebaut, und vor allem in den beiden letzten Jahren konnte mit viel eingesetzter Freizeit und in Kauf genommenem Ärger das Image Blumenthals durch Sonderausstellungen verbessert werden, wie von vielen Seiten bestätigt wurde.
Auslöser für den Notruf des Förderverein war jetzt einerseits das endgültige Aus für das Spicarium in Vegesack zum Jahresende durch einen entsprechenden Beschluss der Deputation . Das Land Bremen, das ursprünglich im Rahmen seines Tourismuskonzepts für Bremen-Nord dieses Eventmuseum als Teil der Maritimen Meile gefördert hat, zieht damit einen Schlussstrich. Aus der Sicht von Herrn Gorn lässt sich aus dieser Entwicklung nur ein Schluss ziehen: Bremen wird in der überschaubaren Zukunft kein Geld in eine neue museale Unternehmung stecken, auch wenn es sich dabei nur um eine sehr überschaubare Summe handeln würde, wie das bei einem vom Förderverein betreuten BWK-Museum der Fall wäre.
Noch elementarer traf den Förderverein zum anderen jedoch eine Maßnahme der der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). Nachdem bereits seit Langem die Unterbringung und vor allem eine Präsentation der Exponate in alten BWK-Sortiergebäude durch das Fehlen eines notwendigen Brandschutzes und eines 2. Fluchtweges beeinträchtigt ist, gibt es dort "z. Zt. keine Heizung, kein Wasser", wie Herr Gorn das Ortsamt und den Beirat informiert.
Das ist ein Verhalten der WFB, das schon sehr an die Methoden von privaten Immobilienbesitzern erinnert, die unliebsame Einrichtungen aus ihrem Eigentum vertreiben wollen. Auch eine Auskunft, nach der der Auszug der BWK-Chemiefaser GmbH dafür verantwortlich sein soll, steht nicht für ein ungetrübte Beziehung, in der ein Eigentümer mit dm BWK-Museum eine gemeinsame positive Entwicklung für seine Immobilie anstreben will, wie es in der Öffentlichkeit bisher immer zugesichert wurde,
Gleichzeitig mit seinem Notruf an die politische Spitze Blumenthals macht Herr Gorn einen konkreten Vorschlag, der an die geregelte Zwischennutzung im Rahmen des Projektes "Palast der Produktion" der Bremer ZwischenZeitZentrale Mitte 2012 erinnert und auf das Modell der Dokumentationsstätte Kaisen-Scheune hinweist, deren Träger die Wilhelm und Helene Kaisen-Stiftung ist.
Ohne entsprechende Ideen sieht der Vorsitzende des Fördervereins eher die Gefahr, dass ein Gebäude weiter "vor sich hindümpelt" und der öffentliche Eigentümer damit riskiert, "dass auf kurz oder lang die ersten Fensterscheiben eingeschlagen werden und sich Vandalismus breit macht." Und das ist keineswegs eine unbegründete Befürchtung, denn erste Anzeichen dafür wurden in Form abgerissener Hinweisschilder bereits fotografisch dokumentiert.
BWK-Museum, Kultur-Treff und die Entwicklung des gesamten BWK-Geländes
Damit wird sogar an relativ unwichtig erscheinenden Details deutlich, dass die Planung eines BWK-Museums etwa im Rahmen eines Kultur-Treffs für Blumenthal in einer engen Beziehung zur Entwicklung des gesamten BWK-Geländes steht. Schließlich wären ein vielfältiges Leben auf der Historischen Achse, mit er sich Passanten und Anwohnern als Teil ihres Wohnumfeldes identifizieren, der beste Schutz vor Sachbeschädigungen und Schmierereien aller Art.
Da das Für und Wider des von Bremen vorgesehene Nutzung bereits an anderer Stelle diskutiert wurde, und zwar im Vergleich zu anderen ehemaligen Textilarealen, zur Planungsgeschichte in Blumenthal und zum Bebauungsplan 1288, soll hier nur kurz über den aktuellen Stand berichtet werden, wie ihn der Ortsamtsleiter in einem Antwortbrief an Herrn Gorn dargestellt hat.
Insgesamt handelt es sich bei einer Chronik des BWK-Geländes unter der Ägide Bremens um eine fast unendliche Geschichte von nicht eingehaltenen Ankündigungen, seit 2002 die Stadt von der BWK das erste Grundstück erworben hat.
Über das hier angesprochene alte Sortiergebäude, das auf vier Geschossen eine Gesamtfläche von 6.000 qm besitzt, berichtete der Weser-Kurier Mitte Dezember 2014, dass sich der WFB-Projektleiter damals "vorstellen" konnte, in einem ersten Sanierungsabschnitt ein Drittel des Kolosses zu sanieren. Vorausgegangen war im Frühjahr ein Besuch des damaligen Bürgermeister Böhrnsen, der sich "auf dem Gelände für die Revitalisierung der einstigen Sortierung ausgesprochen" hatte. Dazu sollte Ende 2014 eine "Machbarkeitsstudie mit möglichen Grundrissen" vorliegen .
Obwohl der Beirat bereits ein Jahr zuvor einen Beschluss zur Nutzung dieses Gebäudes einstimmig verabschiedet hatte, wird dieses Forderung des Stadtteils offenbar von den zuständigen Bremer Behörden nicht einmal zur Kenntnis genommen und in die Planungen einbezogen.
Das hat sich auch ein Jahr später nicht geändert, obwohl nach den Worten de Ortsamtsleiters nicht zuletzt (der) gute Ruf der Ausstellungen über die BWK während der NS-Zeit und über die Frauen auf der BWK dazu beigetragen hat, "dass der Bürgermeister und der Prokurist der Wirtschaftsförderung sich intensiv dafür eingesetzt haben, dass die BWK-Ausstellung einen festen Platz im "entwickelten Sortiergebäude" bekommen sollte."
Diese Absicht von zwei Personen hat dann allerdings einen herben Dämpfer bekommen, da "uns beide Mitstreiter mehr oder weniger tragisch "abhandengekommen"" sind. Trotzdem soll nach den Formulierungen des Berufsoptimisten im Blumenthaler Rathaus, der kein Wort zum größeren Rahmen eines Kultur-Treffs verliert, die Entwicklung des Sortiergebäudes "von der WFB nach wie vor verfolgt" werden und "damit auch perspektivisch eine Option für das Museum" ermöglichen. Dabei hat sich jedoch - wieder einmal muss man wohl anmerken - "die Zeitschiene" "allerdings verändert." Dieser Euphemismus eines Politikers, der offenbar Enttäuschungen auffangen soll, kann jedoch nicht vergessen machen, dass die Arbeits- und Lebensschiene jedes Menschen begrenzt ist.
Die politische Grundlage: Der vom Beirat beschlossene Kultur-Treffpunkt
Politische Grundlage für die Errichtung eines Kulturzentrums auf dem BWK-Gelände ist ein Antrag der SPD-Fraktion, den der Blumenthaler Beirat am 9.12.2013 einstimmig beschlossen hat. Damals stellten die politischen Repräsentanten Blumenthals unter dem Titel "Für Blumenthal einen Kultur-Treffpunkt entwickeln" fest, dass "Blumenthal "einen Ort" braucht, um "die vielfältigen kulturellen Initiativen zu bündeln und neue Formen der Stadtteilkultur zu entwickeln." Zu diesem Zweck schlug man vor, "im ehemaligen Sortiergebäude der Bremer Wollkämmerei AG einen „Kultur-Treffpunkt“ einzurichten."
Für die Wahl des Gebäudes spricht dabei nach den Worten der Antragsteller, "dass die Bewohner
Blumenthals und der Region die historische Architektur und die neuzeitliche Entwicklung der BWK
wahrnehmen können und die historische Achse belebt wird."
Ganz besonders stellt der Antrag die Unterbringung eines "ehrenamtlich geführten Kämmereimuseums" heraus, das im Sortiergebäude "eine dauerhafte Heimat finden" soll. Ergänzend will der Beirat "Platz bieten für Ateliers, für Theater und Musik". Zudem sieht man im Kulturzentrum einen guten Standort für die Stadtbibliothek, die "gemeinsam mit dem Kämmereimuseum einen außerschulischen Lernort errichten" kann.
Gleichzeit wurde in der Beiratssitzung vor gut zwei Jahren ein Zusatzantrag der Grünen ebenfalls einstimmig mit 13 Ja-Stimmen verabschiedet, der einen Prüfauftrag für die "Bereitstellung der ehemaligen BWK-Gebäude in Ateliers und Arbeitsräume (Lofts) für Künstler und Jungunternehmer" vorsieht.
Wichtig für die praktische Umsetzung dieser teilweise vage formulierten Vorschläge sind die konkreten Aufgaben, die von den gewählten Vertretern Blumenthals an die zuständigen Bremer Behörden mit diesem verabschiedeten Antrag erteilt wurden. So wurde der Senator für Kultur aufgefordert, einen Wettbewerb auszuschreiben, in dem Ideen für die Gestaltung und Nutzung des Gebäudes entwickelt werden sollen. Von den Wettbewerbsteilnehmern werden neben diesen achitektonischen Aufgaben "auch Vorschläge für die Finanzierung von Umbaumaßnahmen und den Betrieb des Treffpunktes" erwartet. Man hat sich also in Blumenthal für eine Art märchenhafter "Tischlein deck' dich-Lösung" ausgesprochen und die Regelung praktisch aller Probleme an ominöse "Wettbewerbsteilnehmer" delegiert, die sich in Form dieser notwendigen eierlegenden Wollmilchsäue kaum finden lassen dürften.
Nicht einmal an einer trotzdem offenbar erwarteten Auswahl von Vorschlägen will sich der Beirat intensiv beteiligen; denn abschließend heißt es im Antrag: "Über die Vorschläge soll dann eine Jury befinden und die Ergebnisse sollen öffentlich diskutiert werden."
Außenstehende werden diesen Antrag und Beschluss daher vermutlich weniger als ein Projekt gesehen haben, das Blumenthal intensiv verfolgt, sondern eher als Stichwort auf einem vorweihnachtlichen Wunschzettel, über den sich niemand konkrete Gedanken gemacht hat.
Zurück aus der kulturellen Diaspora!
Verglichen mit der eigenen Vergangenheit, aber auch dem Wandel im näheren und weiteren Umland lässt sich kaum von Erfolgen einer stadtteilbezogenen kulturellen Entwicklung sprechen. Das lässt sich an relativen Kleinigkeiten bereits im Ortsbild erkennen, wenn mit den vorhandenen Plastiken, die an eine bessere Zeit erinnern, wenig pfleglich umgegangen wird und die Idee eines öffentlichen Bücherschranks sogar vom Ortsamt kategorisch zurückgewiesen wurde. Da sind es dann fast vergessene Erinnerungen, wenn jemand von den früheren Aktivitäten der Vorsitzenden des Blumenthaler Bürgervereins Irmgard Jelkmann-Groß (Sir Charles, 50, S .9) oder von den zeitgeschichtlichen Vorträgen bekannter Autoren berichtet, die der ehemalige Bibliotheksleiter nach Blumenthal holen konnte. Das gilt auch für größere kulturellen Ereignisse wie die Aufführung der Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny in der Fliegerhalle der BWK.
Inzwischen scheinen hier die personelle und die räummäßige Infrastruktur zu fehlen, da sich Blumenthal auch insgesamt immer noch nicht vollständig aus der Schockstarre, die mit dem Ende der BWK verbunden war, gelöst und zu einem selbstbewussten Neuanfang aufgerafft hat.
Kulturkreise in anderen Regionen
Eine eher verborgene lokale Kunstszene ist keineswegs für das heutige Deutschland typisch, wo es für viele Angebote nicht nur Künstler, sondern auch ein interessiertes und engagiertes Publikum gibt. Ein gestiegenes Bildungsniveau und ein demografischer Wandel, der auch mit vielen aktiven Pensionären und Rentnern verbunden ist, sorgen hier für ein breites Nachfragepotenzial. So besteht sogar in kleinen deutschen Gemeinden, die weder über große Mäzene und Sponsoren verfügen, eine lebendige lokale Kulturszene.
Wie sich ein solches Angebot entwickeln kann, soll hier nur kurz an einem Beispiel aus dem niedersächsischen Landkreis Schaumburg skizziert werden.
Von der Siedlungsstuktur her weist diese Region zwischen der Grenze NRWs und der Landeshauptstadt Hannover eher Nachteile auf, da sich die gut 150.000 Einwohner auf 12 Samt- und Einheitsgemeinden verteilen, die teilweise im Rahmen der Samtgemeinden als Kleinstgemeinden fortbestehen. Eine durchschnittliche Gemeinde besitzt damit nur die Größe von Ortsteilen wie Blumenthal und Lüssum.
Das gilt auch für die Samtgemeinde Rodenberg mit dem Flecken Lauenau, der durch die Schließung eines großen Herstellers von Schulmöbeln vor ähnlichen Herausforderungen gestanden hat wie Blumenthal nach dem Untergang der BWK. Hier wurden durch die Nutzung der Gebäude als Gewerbepark, in dem auch Teile zu Wohnungen umgebaut wurden, räumliche Voraussetzungen geschaffen, die das Amts- und Fleckenmuseum, das durch die Mitglieder des Heimat- und Museumsverein Lauenau und Umgebung e.V. unterhalten wird, mehr als ergänzen. Hierzu zählen eine "Sägewerk" genannte Veranstaltungshalle, ein großes Künstleratelier im ehemaligen Kesselhaus sowie eine weitere Kunstetage.
In diesen Räumen organisieren die Lauenauer Runde, ein Zusammenschluss vor allem von Gewerbetreibenden wie Blumenthal aktiv, eine Künstlerpojektgruppe "Kunstetage"
und der Künstler Thomas Ritter mit seinem Freundeskreis eine breite Palette von Veranstaltungen.
Zuhörer und Zuschauer kommen dabei nicht nur aus dem kleinen Flecken mit seinen gut 4.00 Einwohnern und der Samtgemeinde Rodenberg mit knapp 16.000 Einwohnern, sondern auch aus der weiteren Umgebung. Dafür sorgt vor allem ein attraktives Programm, das sich neben Ausstellungen der Werke bildender Künstler aus dem Landkreis Schaumburg Schwerpunkte im Bereich Kabarett und ausgewählter Musiker und Musikgruppen setzt. So haben in Lauenau Kabarettisten wie Jürgen Busse, Thomas Freitag, Ingolf Lück und Richard Rogler für Unterhaltung gesorgt.
Hinzu kommen "Konzerte im Kesselhaus Lauenau", das sich als ein Künstleratelier versteht, "das zugleich Bühne für feine Musik ist - engagiert, kreativ, frei, unabhängig - nicht gewinnorientiert". Einige Beispiele der Live-Vveranstaltungen im Ambiente eines großen Künstlerateliers findet man sogar unter youtube, so etwa Melanie Dekker | mit "Saturday Night Show"
und The Moorings mit "Dirty Old Town"
Ein Zusatzangebot findet man in der Nachbarstadt Bad Nenndorf, wo neben einem eigenen KulturForum Bad Nenndorf die Kinofreunde Bad Nenndorf e.V. Filme für ein anspruchsvolleres Publikum vorführen, sowie in der ehemaligen Residenzstadt Bückeburg, wo heute deutlich weniger als 20.000 Einwohner leben, für die der Kulturverein Bückeburg e.V. u.a. einmal im Jahr eine "Lange Nacht der Kultur" veranstaltet.
Integration durch Kultur
Ein lokales kulturelles Angebot kann nicht nur die Wohn- und Standortqualität eines Stadtteils erhöhen, was die WFB offenbar bisher nicht zur Kenntnis genommen hat. Wer sich mit Standortfaktoren beschäftigt, die heute bei der Ansiedlung von Arbeitsplätzen ein Rolle spielen, wird die Bedeutung der weichen Vorteil erkennen. Es ist nicht eine Kaje, wie die Lobbyisten in Bremen zumindest lange Zeit gedacht haben, die für zusätzliche Arbeitsplätze sorgt, sondern vielmehr die Qualität eines Stadtteils als Wohnstandort und Imageträger. Über ein attraktives Kulturzentrum könnte die WFB daher nicht nur die Vermarktung der Flächen erleichtern, sondern gleichzeitig ein Modell anbieten, an dem sich ein weiterer städtebaulich adäquater Ausbau der Historischen Achse orientieren kann.
Inzwischen kann und muss man das Kulturzentrum noch unter einem weiteren Gesichtspunkt sehen. Wie das aktuelle Bremer Integrationskonzept feststellt, ist im Kulturbereich "ein hohes und anerkennenswertes Engagement für Flüchtlinge und zur Flüchtlingsfrage eigeninitiativ vorhanden". Dabei wird besonders die "Partizipation von Flüchtlingen .. u.a. mit theaterpädagogischen und künstlerischen Ansätze herausgestellt. (Integrationskonzept, S. 55f.)
Dabei bestehen es sogar Möglichkeiten für die gemeinsame Nutzungen von Räumen, aber auch die Durchführung von Veranstaltungen. Als Beispiele lassen sich hier zwei Angebote aus dem vorgeschlagenen Konzept eines virtuellen BWK-Museums mit lokaler Bodenhaftung heranziehen. Dort werden zwei Räume empfohlen, von denn einer mit Monitoren ausgestattet ist, die einen Zugang zu den digitalen Materialien des Fördervereins Kämmereimuseum und die gesamte Wollthematik erlauben. Her wäre leicht eine Ergänzung auf andere Themenbereiche möglich.
Noch bessere Perspektiven für eine ganz reale Zusammenarbeit von Alt-Blumenthalern und Flüchtlingen kann ein Raum bieten, in dem sich dank des entsprechenden Handwerkszeugs die verschiedenen Stufen der Wollveredelung vom Waschen über das Färben bis hin zur Herstellung kunstgewerblicher Artikel ausführen lassen. Hier könnten Flüchtlinge, die aus Ländern wie Afghanistan, dem Irak, dem Iran und aus Syrien stammen, in denen die Schafzucht und die handwerkliche Wollverarbeitung eine größere Rolle spielen als in Deutschland, die Fähigkeiten sogar an Deutsche vermitteln. Das wäre dann eine konkrete kulturelle Bereicherung, die nicht bloß abstrakt bleibt.
Da sich vor allem aufgrund demographischer Effekte die Bürgervereine wie Blumenthaler Bürgerverein e.V. seit 1901, der Rönnebecker Bürgerverein e.V. und der Bürgerverein Lüßum e.V.
zu Geselligkeitsvereinen älterer Einheimischer entwickelt haben, steht "die Pflege des gemeinschaftlichen kulturellen Zusammenlebens" heute weniger im Zentrum der Aktivitäten, wie das vielleicht früher einmal der Fall war.
Damit zeichnet sich in Blumenthal ein Potenzial für einen weiteren Ausbau des bestehenden lokalen Kulturangebots ab, zu dem bisher u.a. der Schifferchor Rekum, die Volkstanz- und Trachtengruppe "De Blomendaler" sowie das Event "Rock die Burg"der Old Tablers 292 Lesmona zählen.
Damit kann das Ortsamt hier eine wichtige Aufgabe in Angriff nehmen, wenn es ganz entsprechend dem § 28 des Ortsbeirätegesetzes vermutlich interessierte Bürgerinnen und Bürger anspricht, die sich entweder als KünstlerInnen oder aktive Ehrenamtliche bei der Vorbereitung und Organisation von lokalen Kulturveranstaltungen einbringen wollen. Dabei geht es, wenn man die Erfahrungen aus anderen Regionen heranzieht, vor allem um die Kontakaufnahme zu denkbaren KünstlerInnen und die ganz praktischen Arbeiten bei der Durchführung wie die Werbung für die Veranstaltungen, die Bewirtung der Teilnehmer, die Aufstellung von Sitzgelegenheiten und nicht zuletzt auch die Sauberkeit des Veranstaltungsraums.
Das Ortsamt müsste also ganz konkret bei dieser ersten Ansprache eines Kreises von interessierten Ehrenamtlichen die Beiratsmitglieder "bei der Erfüllung ihrer Aufgaben .. unterstützen und ihre Beschlüsse bei den zuständigen Stellen .. vertreten" (OBG §29 (1)), nachdem es zuvor den "gegenseitigen Kontakt zwischen den Einwohnerinnen und Einwohnern, Beiräten und zuständigen Stellen" gefördert hat (OBG §29 (2)). Aber alle diese Aufgaben bei der Vorbereitung von einer oder mehreren kulturellen Initiativen dürften eigentlich nichts Ungewöhnliches sein, denn per Gesetz sind die Ortsämter in Bremen "gehalten, bei allen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse tätig zu werden". (OBG § 29 (3))
Arbeitsgruppe Kulturzentrum
Nach den beschriebenen Erfahrungen, die Blumenthal bisher mit den Senatsbehörden für Kultur und Wirtschaft sowie der WFB Bremen machen musste, kann es für die Beiratspolitik gerade auch bei der Durchsetzung eines Kulturzentrums auf dem BWK-Gelände kein "Weiter so!" geben. Es hat sich vielmehr gezeigt, dass sich wie auch in vergleichbaren anderen Fällen die Blumenthaler Legislative nicht damit begügen kann, mehr oder weniger allgemeine Aufträge an die Landesverwaltung zu beschließen und dann zu glauben, die zuständigen Behörden würden alles in einer gewünschten Weise bearbeiten.
Diese Einstellung vergisst zumindest zwei Merkmale jeder Bürokratie: zum einen werden die Mitarbeiter generell dazu tendieren, ihren Arbeitsaufwand zu reduzieren, was dann besonders leichtfällt, wenn es keine konkreten, terminierten Vorgaben gibt, die sich überprüfen lassen.
Und zum anderen haben die Behördenmitarbeiter immer auch ihre eigenen Meinungen zu den Beschlüssen von Beiräten und werden zudem von den Wünschen und Interessen anderer Stadtteile beeinflusst. Dabei gilt dann die ganz simple Rechenregel, dass sich ein Euro nur einmal ausgeben lässt, wenn man ihn also in ein Blumenthaler Kulturzentrum investiert, steht er nicht mehr für Vegesack, die Überseestadt oder die Bremer City zur Verfügung.
Der Beirat muss diese Gefahren für die praktische Umsetzung seiner Beschlüsse daher möglichst frühzeitig berücksichtigen.
Um endlich zu einem konkreten Konzept für das Kulturzentrum zu gelangen, sollte der Beirat zumindest mit einem eigenen ersten großen Schritt beginnen. Er muss deutlich dokumentieren, was er für den beschlossenen Kultur-Treff benötigt und dass er sich nicht von seinem Beschluss abbringen lassen wird. Das kann beispielsweise durch feste Termine für einzelne Teilschritte mit Fortschrittsberichten im Beirat erfolgen.
Der Stadttteil hätte daher konkret zu definieren, was er im Detail benötigt, und diesen Bedarf möglichst im Hinblick auf das vorhandene Sortiergebäude Raum für Raum zu präzisieren. Dabei müssten sich Vertreter der angesprochenen Teilbedarfe, also der Förderverein Kämmereimuseum, von dem die ersten Anstöße ausgegangen sind, Fraktionsmitglieder, die die Vorschläge für einen Kultur-Treff entwickelt haben, die Flüchtlingsinitiative, die Ideen für Integrationsangebote einbringen kann, sowie die Mitglieder von neuen Kulturinitiativen an einen Tisch setzen. In einem solchen Arbeitskreis, der nicht nach parteipolitischen, sondern nach fachlichen Gesichtspunkten zusammengesetzt sein sollte und vom Beirat zu beauftragen wäre, sollten selbstverständlich architektonische Kenntnisse, Erfahrungen mit dem Verwaltungshandeln und mit der Finanzierung öffentlicher Projekte auch außerhalb der engen Vorgaben von WFB und Kulturbehörde möglicht nicht fehlen.
Und das liebe Geld
Die aktuelle kritische Situation für die Arbeit des Fördervereins Kämmereimuseum, die zu diesen berlegungn geführt hat, lässt sich auch als Finanzierungproblm reduzieren; denn ohne eine finanzkräftigen Mäzen, der der WFB eine gewünschte Miete zahlen kann oder sogar die benötigten Räumlichkeiten abkaufen gäbe es das Problem nicht und das Ortsamt und der Beirat würden ein gelungenes Projekt BWK-Museum an der Historischen Achse feiern.
Aber diese Bedingung ist bekanntlich nicht erfüllt, sodass man sich nach anderen Wegen umsehen muss, auf denen sich die Kosten senken und die Mittelbeschaffung auf andere Schultern verteilen lässt. Das könnten neben der WFB, die in einem Kulturzentrum doch noch einen guten Schlüssel für die Vermarktung von Immobilien mit einer Baugeschichte sieht, Stiftungen sein. Denkbar sind dabei vorhandene, die sich beispielsweise auf Integrationskonzepte fokussieren, eine umgewandelte Bürgerstiftung Blumenthal oder - ganz ohne deren bisherige Vergangenheit tragen zu müssen - eine neue Bürgerstiftung Kulturzentrum Blumenthal. Das wäre zumindest ein Versuch, bei dem jeder Stifter weiß, wofür sein Geld eingesetzt wird. Aber er kann sich auch selbst an der Ausgestaltung des Projekts beteiligen, also einer wirklichen Stiftung von Bürgern für andere Bürger, die über die Kultur Impulse für eine bessere Entwicklung des suburbanen Stadtteils Blumenthal gibt.